Mittwoch, 29. Juni 2011

Karl Kraus über den Künstler, Kunstwerke, Snobs und Philister

Die Kunst ist so eigenwillig, daß sie das Können der Finger und Ellbogen nicht als Befähigungsnachweis gelten läßt.

Künstler haben das Recht, bescheiden, und die Pflicht, eitel zu sein.

Wer das Lob der Menge gern entbehrt, wird sich die Gelegenheit, sein eigener Anhänger zu werden, nicht versagen.

Der Philister langweilt sich und sucht die Dinge, die ihn nicht langweilen. Den Künstler langweilen die Dinge, aber er langweilt sich nie.

Der Philister möchte immer, daß ihm die Zeit vergeht. Dem Künstler besteht sie.

Ein Snob ist unverläßlich. Das Werk, das er lobt, kann gut sein.

Kunstwerke sind überflüssig. Es ist zwar notwendig, sie zu schaffen, aber nicht, sie zu zeigen. Wer Kunst in sich hat, braucht den fremden Anlaß nicht. Wer sie nicht hat, sieht nur den Anlaß. Dem einen drängt sich der Künstler auf, dem andern prostitiuiert er sich. In jedem Fall sollte er sich schämen.

Die Kunst dient dazu, uns die Augen auszuwischen.

Karl Kraus

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