Montag, 25. Juli 2011

ohne das Surren der camera obscura

Das Nichtseiende in den Kunstwerken ist eine Konstellation von Seiendem. Versprechen sind die Kunstwerke durch ihre Negativität hindurch, bis zur totalen Negation, so wie der Gestus, mit dem einst eine Erzählung anheben mochte, der erste Klang, der auf einer Sitar angeschlagen ward, ein noch nie Gehörtes, noch nie Gesehenes versprach, und wäre es das Furchtbarste; und die Deckel eines jeden Buches, zwischen denen das Auge an den Text sich verliert, sind verwandt der Verheißung der camera obscura. Das Paradoxon aller neuen Kunst ist, das zu gewinnen, indem sie es wegwirft, so wie der Anfang der Recherche von Proust mit der kunstvollsten Veranstaltung in das Buch ohne das Surren der camera obscura, den Guckkasten des allwissenden Erzählers, hineingeleitet, auf den Zauber verzichtet und dadurch allein ihn realisiert. Die ästhetische Erfahrung ist die von etwas, was der Geist weder von der Welt noch von sich selbst schon hätte, Möglichkeit, verhießen von ihrer Unmöglichkeit. Kunst ist das Versprechen des Glücks, das gebrochen wird.

Adorno, Ästhetische Theorie

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