Freitag, 15. April 2011

Das Celebrity- Paradox

...
Besonders seltsam war, dass seine Faust bei abstrakten Gedankengängen vollkommmen zum Stillstand kam.
Das Celebrity- Paradox war jedoch nur Teil eines anderen, universellen, noch tieferen, noch tragischeren Widerspruchs: und zwar zwischen der subjektiv empfundenen Zentralstellung jedes Einzelnen in der Welt und dem Wissen um seine objektive Bedeutungslosigkeit. Auch wenn es niemand laut aussprach, jeder bei Style, Atwater eingeschlossen, erkannte darin den alles beherrschenden Konflikt in der amerikanischen Psyche. Es ging um die Bewirtschaftung der Bedeutungslosigkeit. Dies war das Bindemittel innerhalb der synkretistischen US-Monokultur. Dieser Konflikt war ubiquitär, lag allem zugrunde, der Ungeduld beim Schlangestehen, den kleinen Betrügereien in der Steuererklärung, den großen Trends in Mode, Musik und Kunst, auch sämtliche Marketingstrategien. Besonders stark, so Atwater, äußerte er sich in den paradoxen Reaktionen des Publikums, jener gefühlten Freundschaft zu den Stars, gekoppelt mit der Ahnung, dass Millionen andere exakt dasselbe fühlten, bloß die Stars nicht. Atwater war schon etlichen Promis persönlich begegnet (das ließ sich bei einer Zeitschrift wie Style gar nicht vermeiden), aber er hatte nicht den Eindruck, dass es sich bei diesen um ausgesucht nette oder rücksichtsvolle Menschen handelte. Was wiederum irgendwie logisch war, bedachte man, dass Promis in erster Linie nicht als echte Menschen, sondern als Symbole ihrer selbst fungierten.
...
David Foster Wallace, The Suffering Channel

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen