Dienstag, 4. Mai 2010

Das Glück, das im Auge des Denkenden aufgeht

Denn Denken hat das Moment des Allgemeinen. Was triftig gedacht wurde, muß woanders, von anderen gedacht werden: dies Vertrauen begleitet noch den einsamsten und ohnmächtigsten Gedanken. Wer denkt, ist in aller Kritik nicht wütend: Denken hat die Wut sublimiert. Weil der Denkende es sich nicht antun muß, will er es auch den anderen nicht antun. Das Glück, das im Auge des Denkenden aufgeht, ist das Glück der Menschheit. Die universale Unterdrückungstendenz geht gegen den Gedanken als solchen. Glück ist er, noch wo er das Unglück bestimmt: indem er es ausspricht. Damit allein reicht Glück ins universale Unglück hinein. Wer es sich nicht verkümmern läßt, der hat nicht resigniert.

[Band 10: Kulturkritik und Gesellschaft I/II: Kritische Modelle 3. Digitale Bibliothek Band 97: Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, S. 8732 (vgl. GS 10.2, S. 798 ff.)]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen