Freitag, 18. November 2011

Mittwoch, 16. November 2011

Die wohlfeilste Art des Stolzes


 (…) Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verräth in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz seyn könnte, indem er sonst nicht zu Dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen theilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz seyn könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu seyn: hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu vertheidigen. (…)

Schopenhauer

Montag, 14. November 2011

Goethe

Was klagst du über Feinde?
Sollten Solche je werden Freunde,
Denen das Wesen, wie du bist,
Im Stillen ein ewiger Vorwurf ist?

W. Ö. Divan

Freitag, 11. November 2011

Donnerstag, 10. November 2011

Dienstag, 8. November 2011

durch jeden Streich und jeden Schlich

– Daher also ist, in allen Ländern, die Hauptbeschäftigung aller Gesellschaft das Kartenspiel geworden: es ist der Maaßstab des Werthes derselben und der deklarirte Bankrott an allen Gedanken. Weil sie nämlich keine Gedanken auszutauschen haben, tauschen sie Karten aus und suchen einander Gulden abzunehmen. O, klägliches Geschlecht! Um indessen auch hier nicht ungerecht zu seyn, will ich den Gedanken nicht unterdrücken, daß man zur Entschuldigung des Kartenspiels allenfalls anführen könnte, es sei eine Vorübung zum Welt- und Geschäftsleben, sofern man dadurch lernt, die vom Zufall unabänderlich gegebenen Umstände (Karten) klug zu benutzen, um daraus was immer angeht zu machen, zu welchem Zwecke man sich denn auch gewöhnt, Contenance zu halten, in dem man zum schlechten Spiel eine heitere Miene aufsetzt. Aber eben deshalb hat andererseits das Kartenspiel einen demoralisierenden Einfluß. Der Geist des Spiels nämlich ist, daß man auf alle Weise, durch jeden Streich und jeden Schlich, dem Andern das Seinige abgewinne. Aber die Gewohnheit im Spiel so zu verfahren wurzelt ein, greift über in das praktische Leben, und man kommt allmählig dahin, in den Angelegenheiten des Mein und Dein es eben so zu machen und jeden Vorteil, den man eben in der Hand hält, für erlaubt zu halten, sobald man nur es gesetzlich darf. Belege hiezu giebt ja das bürgerliche Leben täglich.

Schopenhauer

Montag, 7. November 2011

Donnerstag, 3. November 2011

Ein Wort zum Schicksal Monsieur d'Aiglemonts in der Epoche der Restauration

von Honoré de Balzac

(...) Trifft man nicht auf viele Menschen, die es verstehen, ihre unsagbare Hohlheit vor den meisten Leuten, die sie kennen, zu verheimlichen? Ein hoher Rang, vornehme Abstammung, eine wichtige Stellung, der Firnis höflicher Geschliffenheit, betont reserviertes Auftreten oder der Glanz des Vermögens sind für sie wie Schutzmauern, welche die Kritiker daran hindern, in ihr innerstes Dasein einzudringen. Diese Leute gleichen den Königen, von deren wirklichem Körpermaß, Charakter und Sitten wir niemals eine gute Kenntnis besitzen und über die wir kein ausgewogenes Urteil fällen können, weil der Betrachter zu nah oder zu fern steht. Diese Persönlichkeiten ohne echtes Verdienst fragen aus, anstatt zu sprechen, sie beherrschen die Kunst, andere in Szene zu setzen, um nicht selbst vor ihnen posieren zu müssen. Mit Geschick und Erfolg ziehen sie dann einen jeden am Faden seiner Leidenschaften oder Interessen und treiben so ihr Spiel mit Menschen, die ihnen eigentlich überlegen sind; sie machen Marionetten aus ihnen und halten sie für kleine Geister, weil sie sie auf ihr Niveau haben herabziehen können. So triumphiert denn ihr armseliges, aber beharrliches Denken naturgemäß über die Mobilität großer Gedanken. Um diese leeren Köpfe richtig beurteilen und ihre negativen Qualitäten abschätzen zu können, muß der Beobachter mehr Feingefühl als Geistesschärfe, mehr Geduld als Weitsicht, mehr Subtilität und Takt als gedankliche Größe und Erhabenheit besitzen. Mit welcher Gewandtheit sie auch ihre schwachen Seiten zu verbergen suchen, so fällt es diesen Blendern dennoch schwer, ihre Frauen, ihre Mütter, ihre Kinder oder den Freund des Hauses zu täuschen; diese Personen aber hüten fast immer das Geheimnis, das gewissermaßen an die gemeinsame Ehre rührt; oft unterstützen sie sie gar in ihrem Bestreben, der Welt zu imponieren. Wenn dank dieses häuslichen Zusammenhalts so mancher Tropf für einen überlegenen Geist gehalten, gibt es anderseits ebenso viele überlegene Geister, die man als Tröpfe ansieht, so dass in der Gesellschaft die Tüchtigkeit stets im selben Umfang sichtbar ist. Nun bedenke man die Rolle, die eine Frau von Verstand und Gefühl angesichts eines solchen Ehemannes zu spielen hat, und stelle sich die schmerzensreichen, hingebungsvollen Existenzen vor, denen nichts die zarte Liebesfülle ihres Herzens vergelten kann. Gerät eine starke Frau in diese furchtbare Lage, so vermag sie sich nur durch ein Verbrechen daraus zu lösen, wie Katharina II. es tat, die dennoch „die Große“ heißt. Da aber nicht alle Frauen auf einem Thron sitzen, unterwerfen sie sich meistens der häuslichen Misere, die dadurch, daß sie im verborgenen liegt, nicht weniger schrecklich ist. Jene, die sich hienieden über ihr Unglück schnell hinwegtrösten wollen, bereiten sich oft nur andere Qualen, wenn sie gleichzeitig bestrebt sind, ihren Pflichten zu genügen, oder sie laden Schuld auf sich, falls sie die Gesetze brechen, um ihrem Vergnügen frönen zu können. Diese Überlegungen lassen sich alle auf Julies verborgene Lebensgeschichte anwenden. (…)